Drachen über Klixbüll:
SkySails Power im Höhenwind
In leuchtendem Rot-Weiß zieht er in der nordfriesischen Gemeinde Klixbüll seine Achten und lenkt so manchen erstaunten Blick auf sich. Die erste Flugwindkraftanlage Deutschlands imponiert mit einem stattlichen 120 m2 Drachen, der sich dort den Wind zunutze macht, wo er am kräftigsten bläst: in bis zu 400 Metern Höhe. An der innovationsfreudigen Energieküste, der Wiege der Windkraft, fand die Hamburger SkySails Power GmbH die bestmöglichen Partner für ihr Höhenwind-Projekt. Schleswig-Holstein macht’s möglich: Die Landesluftfahrtbehörde, das Bundesverkehrsministerium, die umliegenden Gemeinden, die DRF Luftrettung sowie der Luftsportverband richteten in Gemeinschaftsarbeit ein Flugbeschränkungsgebiet für die Power-Drachen ein. Das Pilot-Projekt soll wichtige Erkenntnisse über die Chancen von Flugwindkraftanlagen als saubere Stromerzeuger liefern, national wie international.
Faszination Drachensteigen
Der Traum vom Fliegen und Strom erzeugen: Die Nutzung des Windes beschäftigte CEO und Gründer der SkySails Group Stephan Wrage schon als Teenager. Direkt nach seinem Ingenieurstudium startete er die Entwicklung von Gleitschirmen, die Schiffe schleppen, um deren Treibstoffverbrauch zu reduzieren. Seine mittlerweile über 20 Jahre Erfahrung mit automatisierten Drachen stecken heute in der ausgefeilten Technik der Flugwindanlagen. Eine, die sich mit Drachen, Wind und Wetter auch hervorragend auskennt, ist Alexandra Hamel, Team Leaderin Technical Sales bei der SkySails Group. Bevor die begeisterte Kitesurferin bei Wrage einstieg, spezialisierte sich die Wirtschaftsingenieurin auf Windkraft – und gründete ein Unternehmen, das Kite Surf Camps organisiert. „Es ist eine faszinierende Aufgabe, an dieser neuen Technologie mitzuarbeiten. Sie hat ein enormes Potential.“
Hoffnungsträger für die Energiewende
Windenergie light – im Gegensatz zu konventionellen Windkraftanlagen lässt sich die fliegende Technik ohne großen Aufwand installieren. Auf den LKW und los: Die Bodenstation enthält eine Seilwinde mit eingebautem Generator und einen Start- und Landemast für den Gleitschirm. Das Leben des Drachen besteht aus ständigen Aufs und Abs. In der Aufstiegsphase zieht er das Seil in gelenkten Achten von der Winde ab, wodurch der Generator Strom produziert. Die zweite Phase bedeutet Rückzug. Erreicht das Seil die maximale Länge von 800 Metern, wird der Drachen mithilfe des Generators eingeholt. Der Kite begibt sich dafür in eine Position, in der er wenig Widerstand leistet, so dass das Seil mit sehr wenig Energie aufgewickelt wird. Das Ergebnis des Jo-Jo-Prinzips ist eine Leistung von 100 bis 200 Kilowatt.
Überflieger für alle
Von Klixbüll bis Kenia, die nahezu unbegrenzten Einsatzmöglichkeiten sind ein überzeugender Vorteil: Ob als eigenständige Lösung für Industrie und Gemeinden, als Ergänzung zu bestehenden Energieprojekten oder als Insellösung in abgelegenen Gebieten ohne stabile Netzanbindung. „Da die stärkeren Winde höherer Schichten genutzt werden, können unsere Power-Kites sogar bei wenig Wind am Boden Strom gewinnen“, erklärt Alexandra Hamel. „Und in Gegenden mit starken Unwettern kann der Kite rasch eingeholt und verstaut werden.“ Innovationskraft und technisches Können made in Norddeutschland für die ganze Welt – ebenso wie das Headquarter ist auch eine Kite-Werkstatt in Hamburg angesiedelt, die Produktion der Bodenstationen erfolgt in Seevetal (Niedersachsen).
So blicken alle auf Klixbüll: Die Ergebnisse des Pilotprojektes werden mit Spannung erwartet. RWE Renewables hat schon Anfang 2021 mit SkySails Power eine Kooperation vereinbart und kauft eine Flugwindkraftanlage, um die Technologie drei Jahre zu testen.